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Klangarchitektur im Münchner Olympiastadion

München

Als das Münchner Olympiastadion 1972 eröffnet wurde, galt es als eines der spektakulärsten Bauwerke seit der Errichtung der Pyramiden. Der Architekt Günther Behnisch und der Ingenieur Frei Otto hatten einen olympischen Park entworfen, dessen Austragungsorte wie Beduinenzelte wirkten, nur dass anstelle von Leinwand Glasflächen verwendet wurden, wie ihre orientalischen Vorbilder straff aufgespannt.

Der bleibende Einfluss dieser Innovation ist heute an so unterschiedlichen Gebäuden wie dem neuen Reichstagsgebäude und dem Londoner Eurostar Waterloo Terminal zu sehen. Straff gespannte Glasdächer sind heute etwas Alltägliches, aber damals kamen sie einer Revolution gleich.

Diese architektonische Neuerung diente der Beschallungsfirma Neumann & Mueller als Inspirationsquelle, als sie gebeten wurde, im Rahmen der Eröffnungen der WM 2006 ein ganz besonderes Konzertereignis zu gestalten. Das zentrale Konzept sah so aus: Drei Orchester sollten auf einer einzigen Bühne auftreten. Orchester eins und drei nebeneinander auf der Vorbühne und Orchester zwei auf einer erhöhten Plattform, verstärkt durch einen Chor im mittleren Teil. Dazu natürlich eine nicht geringe Zahl von Star-Solisten.

"Es war klar, welchen Anforderungen wir gegenüber standen," erzählt Ralf Zuleeg vom d&b Anwender-Support. "Dies war in erster Linie ein Orchester-Event, obwohl auch bekannte Künstler aus den Bereichen Pop, Oper und Klaviermusik auftreten sollten, von Placido Domingo bis Lang Lang. Die Pegel mussten auf allen 28 000 Sitzplätzen als angenehm empfunden werden. Mit einem verteilten Delay-System ist dies kein allzu großes Problem. Zweitens musste das Hauptsystem auf der Bühne in eine Links/Mitte/Rechts-Konfiguration aufgeteilt werden, damit durch eine vorsichtige Anwendung der Zeitverzögerung das Klangbild so verschoben werden konnte, dass es mit dem zum jeweiligen Zeitpunkt spielenden Orchester übereinstimmte."

Ein solches Setup erfordert zwar einiges an Überlegung und Finesse, aber es ist im Vergleich zu dem vor 30 Jahren errichteten Tribünendach nicht gerade eine Pionierleistung, oder? "Nein, aber an einem bestimmten Punkt des Programms sollten alle drei Orchester das berühmte 'Also sprach Zarathustra' von Richard Strauss intonieren, wobei sich die Musik buchstäblich über die Bühne ausbreitete, als sich das Spiel Akkord für Akkord von einem Orchester zum nächsten bewegte. Wir wollten das Klangbild von Orchester zu Orchester bewegen, damit das gesamte Publikum in der Lage war, diesen Effekt so deutlich mitzuerleben, wie diejenigen, die direkt vor der Bühne sitzen. Im wahrsten Sinne des Wortes ein ständig wachsender 'Wall of Sound'." Rudolf Pirc von Neumann & Mueller und Zuleeg verglichen das Klangbild mit einem Dreieck aus aufgespanntem Stoff, bei dem sich ein Eckpunkt auf der Bühne befindet und die anderen beiden bis in die äußersten Ecken des Publikums reichen, sodass jeder einzelne Sitzplatz davon abgedeckt wird. Zuleeg fährt fort: "Indem wir die Delay-Konfigurationen vorsichtig zwischen den L/M/R-Spalten des J-Serie-Systems verschoben und dies mit einem komplexen Delay-Netzwerk aus Q-Serie-Lautsprechern zur Deckung brachten, konnten wir den Ankerpunkt des Musikprogramms auf der zentralen Bühne von einem Orchester zum nächsten führen, so dass sich die Musik von 'Zarathustra' mit bewegte."

Die gesamte Signalverteilung und -verarbeitung fand im digitalen Bereich statt, mit dem Vorteil, dass nur eine A/D-Umwandlung an den Pulteingängen und eine D/A-Umwandlung innerhalb der D12 Verstärker erforderlich war. Daraus ergab sich eine atemberaubende 120 dB Dynamik im gesamten System. Die Audio-Leinwand wurde durch drei Mal 96 Eingänge, die in 48 Ausgänge geroutet wurden, erzeugt.